Deutsches Creepypasta Wiki
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Ich stand auf der Straße. Auf einem großen Platz. Heute war Weihnachtsmarkt in meiner Stadt. Ich hasste die Momente. in denen immer etwas in diesem Kaff los war. Zu viele Menschen und zu große Orte waren hier in jeder Ecke. Egal wo man hinging. Meine zittrigen Hände hatte ich in meine Jackentasche verstaut. Der Schnee glitzerte vor meinen Füßen durch das satte Orange der Abendsonne. Mir war kalt. Eiskalt. Kein Wunder für einen Tag vor Heiligabend. Doch nicht nur die Kälte allein war der ausschlaggebende Grund meines permanenten Zitteranfalls. Es war die ungesättigte Menge an Menschen, die mir ein sehr unwohles und unangenehmes Gefühl in meiner Magengegend bereiteten. Kaum wagte ich es, einen Schritt zu tun. Kaum wagte ich es, ihnen ins Gesicht zu sehen. Kaum vermochte ich ihnen zu zuhören. Es waren viele, viel zu viele. Und ich befand mich mittendrin. Gefangen in einer Masse aus lebenden Fleischwesen.

Am liebsten wäre ich zu Hause geblieben. Hätte mich in meine Wohnung verkrochen und die alleinige Stille, die sich tagein tagaus bei mir befand, in vollen Zügen genossen. Jedoch musste ich hinausgehen. Ich musste in die Läden gehen und mir Grundnahrungsmittel kaufen, ehe sie geschlossen hatten. Doch hasste ich diese Momente, in denen ich raus musste. Ich war ganz alleine. Hatte keine einzige Menschenseele, die mir beistand, die sich um mich kümmerte. Meiner ekelhaften, beschissenen Angst musste ich zum ersten Mal alleine gegenüberstehen. Langsam wagte ich einen Schritt nach vorne. Für jeden anderen Menschen auf dieser Welt wäre es ein Leichtes gewesen, seinen Weg zu gehen, doch für mich war es einzig und allein eine verdammte Qual. Die unermessliche Angst, jemanden anzustoßen, vergebens auf Hilfe zu hoffen, sollte mir etwas passieren, lähmte meinen Körper zunehmend. Die gaffenden Blicke der vorbeigehenden Passanten taten ihr Übriges.

Automatisch zog ich meine braune Winterjacke über die Nase. Ich konnte es nicht leiden, wenn man mich so ansah. Hinter mir hörte ich ein Kichern. Es war ein lautes, amüsierendes Kichern. Der Stimme nach zu urteilen gehörte sie einer Frau. Meine Knie wurden weich, so dass ich kraftlos zu Boden sank. Warum kicherte sie? Machte sie sich über mich lustig? Mir blieb keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Schon gleich übertönte etwas anderes dieses Kichern. Es waren Schritte. Unzählige Schritte, die ich nicht alle hätte zählen können. Dumpfe, stampfende Schritte, die knisternd unter dem Schnee nachgaben. Allmählich bekam ich Kopfschmerzen. Sie zogen entlang meiner Nervenbahnen, ließen auch meine Gelenke mit jeder Bewegung schmerzen. Meine Augen brannten in der Versuchung, meine Umwelt aus dem Weg zu gehen. Doch wo sollte ich denn hinschauen? Überall sah ich sie. Wie sie mich mit ihrer kalten Ignoranz, ihren unverständlichen Ängsten mir gegenüber oder ihren spürbaren Sorgen musterten. Sie musterten einen Mann, der es leid war, unter den Menschen zu leben. Der sich seiner Schmerzen entledigte und am ganzen Körper bebend auf den Boden kniete.

Ich spürte, wie ihre Körper versehentlich meinen streiften. Die Berührungen, die dabei entstanden, ließen meinen Körper zucken. Er zuckte und krampfte sich so stark zusammen, dass es sich anfühlte, als hätte ich einen heftigen Stromschlag bekommen, der mein Herz für eine Weile aussetzen ließ. Um mich herum hörte ich ein unerklärliches Stimmengewirr. Es war wie ein Schwarm voller Bienen oder Hornissen, die um meinen Kopf kreisten und immer lauter wurden. Mein Zitteranfall verstärkte sich. Dieses Gemisch aus Schritten, Stimmen und dem kehligem Gelächter dieser… Menschen. Mein Kopf drohte zu explodieren. Wie sehr ich mir auch wünschte, er würde es wirklich, so war mir bewusst, dass es unmöglich erschien, mich als einen kopflosen Körper, dessen Kopf in einem Brei aus zermatschtem Hirn, warmem Blut und den Überresten des Schädelknochens, welcher im kalten, weißen Schnee liegen würde, zurückzulassen. Sie würden mich sehen. Geschockt und voller Panik um mich stehen. Die Polizei oder Ärzte rufen und den Tumult noch größer werden lassen. Ich würde nie in Frieden sterben können. Plötzlich wurde mir schwindelig. Der Gedanke, sie würden mich heimsuchen, ließ mich nicht mehr los. Nur verschwommen erkannte ich, wie sich etwas eilig auf mich zubewegte. Nein! schrie ich in Gedanken. Bleib weg von mir! Fass mich nicht an! Komm nicht näher! Verzweifelt versuchte ich meine kalten Lippen zu bewegen, doch brachten sie nichts weiter als ein leises Wimmern hervor. Dieses Etwas kam immer näher, stand schließlich vor mir. Als es sich hinunterbeugte und mir in die Augen schaute, schrie ich auf. Es war ein Monster. Mit seinen schwarz-weißen Augen, seiner grauen Haut und seinen pechschwarzen Lippen, deren Farbe wie zähflüssige Lava zu verlaufen schien, lächelte es mich an. Mein Schrei verstummte augenblicklich. Mit einer Hand versuchte es mich zu berühren, meine Haut zu infizieren. Meine Unterlippe bebte, während vereinzelnde Tränen sich einen Weg entlang meiner Wangen bahnten. Geh weg! Geh weg! Geh weg! schrie ich panisch in Gedanken, versucht, durch den kalten Schnee, der sich in meine Nerven zog und meine Adern gefrieren ließ, immer weiter von dem Ding wegzurutschen; ihm irgendwie zu entkommen.

„W… er… b.. bist… du?“ Die grauenvolle Stimme, die nur gedämpft in mein Ohr drang, glich der eines Dämons, gar eines Teufels. Die anderen Geräusche um mich herum waren ebenso gedämpft, als hätte man mir Watte in meine Ohren getan. „G.. geh von..

Das Grauen

by Circusmonster666

ihm… weg…!“ schrie eine andere Stimme in derselben Tonlage. Ein weiteres Geschöpf, das viel größer war als das, welches versucht hatte, mich zu berühren, erschien vor meinen Augen. Sein Blick, abscheulicher als alles, was ich bisher zu Gesicht bekommen hatte. Kalt, herablassend, meine arme Seele anklagend. Es zog das andere Biest mit sich fort. Erleichtert atmete ich auf. Es war fort. Ich konnte ihm durch Glück entkommen. Aber ich war nicht in Sicherheit. Ich musste schnell nach Hause.

Gerade, als ich aufstehen und von diesem verdammten Ort flüchten wollte, hörte ich ein leises, permanentes Tropfen hinter mir. Tropfen um Tropfen fiel dumpf auf den Schnee. Langsam drehte ich meinen Kopf zur Seite und erblickte, wie sich eine kleine, schwarze Pfütze auf dem sonst so weißen Boden zeichnete. Ein kleines schwarzes Loch inmitten einer weißen Schneedecke. Etwas irritiert folgte ich der Pfütze, deren Tiefe durch ein unaufhörliches Tropfen dieser schwarzen Substanz sich immer mehr vertiefte und weitete meine Augen, als ich den Ursprung fand: Eine groteske Fratze grinste mich euphorisch an und entblößte somit ihre von schwarzer Flüssigkeit bedeckten Zähne, die die Form und das Aussehen scharfer Reißzähne hatten. „Kann ich Ihnen helfen?“, wagte Es mich zu fragen. Zwar drang der Satz nicht mehr in einzelnen abgehackten Fetzen in mein Ohr, doch erklang die Stimme in demselben, dämonischen und unnatürlichen Laut wie zuvor. Ohne meine Reaktion oder Antwort auch nur im Geringsten abzuwarten, fasste mich dieses Etwas an meiner Schulter, seine weiß-schwarzen Augen bohrten sich in die meinen, als es mich erneut einer Frage aussetzte. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ Dabei spuckte es mir diese widerliche Substanz ins Gesicht. Sie klebte auf meiner Haut, ich hatte geradezu das Gefühl, sie würde sich in mein Fleisch hineinbrennen. Stück für Stück.

Vor Schmerzen und zugleich Panik entlockte sich meiner Kehle ein Schrei. Es war ein zerreißender lauter Schrei, der in meinen Ohren klingelte, sobald ich ihn ausgestoßen hatte. Zur gleichen Zeit bemerkte ich, wie auch der Rest dieser Masse zu mir herüberschaute. Der Schrei musste ihre Aufmerksamkeit geweckt haben. Buchstäblich gefror mir das Blut in den Adern, als mein Gehirn realisierte, was sich vor meinen Augen abspielte: Diese Lebewesen, die ich als Menschen kannte, waren keine mehr. Sie glichen einem mir unbeschreiblichen und unaussprechlichem Wesen, für das ich keine Worte fand. Ihre Haut war allesamt grau, wie die Haut einer alten, verstorbenen Leiche. Ihre Augen waren das Grauen auf Erden mit ihrem undurchsichtigen Weiß, das die gesamten Augäpfel durchzogen. Dort wo die Iris hätte sein sollen, befand sich ein tiefer, schwarzer Punkt, als hätten sie keine Seele, keinerlei Lebenszeichen in sich. Aus ihren Mündern, die zu einem grotesken Lächeln verzogen waren, triefte dieselbe unbekannte, schwarze Flüssigkeit wie die, die auf meiner bleichen Haut klebte. Mit jedem Schritt, denen sie mir näher kamen und ihre gierigen Hände nach mir ausstreckten, klopfte mein Herz immer schneller. Gleich würde es aus meiner Brust springen, dachte ich. Zitternd vor Angst und Kälte saß ich zusammengekrümmt auf dem Schnee, der meine Hose durchnässte.

In der Hoffnung, Gott könnte mir helfen, murmelte ich leise Gebete unter den gierigen Schreien und gurgelnden Geräuschen der unausstehlichen Kreaturen. Mit Tränen in den Augen äußerte ich bedacht meine letzten Wünsche. Eine Familie, Freunde, eine Frau, die mich akzeptieren würde, und zu guter Letzt ein erfreutes Leben jenseits des Todes. Plötzlich musste ich lächeln. War es denn nicht das, was ich mir gewünscht hatte? Einen ruhigen Tod? Vielleicht war es nun doch möglich, in Frieden zu sterben, schoss es mir urplötzlich durch meinen Kopf. Wenn ich ihnen das gab, was sie wollten, dann würden sie mich für immer in Frieden lassen. Sie würden mich nicht mehr ihres Blickes würdigen oder es wagen, mich anzufassen; nein, sie würden mich in Frieden sterben lassen, und das durch ihre eigene Hand. Das anfängliche Lächeln, welches sich auf meinen Lippen gebildet hatte, formte sich zu einem euphorischen Grinsen.

Ich wollte es. Ich wollte durch diese Bestien getötet werden. Die Angst die ich zu Beginn verspürt hatte, war im Nu verflogen. Allein der Gedanke und das wohltuende Gefühl, von meinem Leid, welches ich schon seit Jahren mit mir herumtrug, erlöst zu werden, ließen mich über mein nahestehendes Ende freuen. „Kommt her! Nehmt euch, was ihr wollt! Nehmt euch, soviel ihr wollt!“, rief ich in die kalte Nacht hinein, meine Arme vor Freude und hoher Erwartung ausstreckend. Meinen Ruf ließen sich die verkümmerten Wesen nicht zweimal sagen. Ohne jegliche Vorwarnung kamen sie auf mich zu gestürmt. Gierig bissen sie mir große Stücke meines Fleisches ab. Kratzen meine Brust auf, entnahmen meine Organe unter gurgelnden Schreien meinerseits. Das freudige Knurren dieser Dinger sowie das saftige Schmatzen waren wie Musik in meinen Ohren. Über das ganze Gesicht lächelnd ergab ich mich ihren Machenschaften und ihrer schmerzhaften und hungrigen Gier.

Als ich dem Ende nahe war, vernahm ich plötzlich eine verzerrte, doch freundliche Stimme. Es klang wie… die Stimme eines Menschen. Außerhalb dieses Ortes. Es war eine einzelne, männliche Stimme, die meinen Namen rief. „Mr. Thompson! Sehen Sie mich an!“ Im nächsten Moment zerflossen die Wesen vor meinen Augen in reines Weiß. Selbst der Rest der dunklen Umgebung vereinigte sich mit der Farbe. Sofort riss ich meine Augen auf. Mein Körper verkrampfte sich augenblicklich, sobald mein Gehirn den Ort wahrnahm, an den ich mich befand. Um mich herum standen… diese Wesen. Wie sie ihre Mäuler gierig aufrissen und ihre toten, grauen Hände nach mir ausstreckten. „W-Was ist hier los?!“, stammelte ich erschrocken. Erneut begannen meine Glieder wie Espenlaub zu zittern.

Ein brennender Schmerz durchzuckte meinen Nacken und lief wie heiße Lava quälend langsam meinen Rücken hinab. Trotz der höllischen Schmerzen, die meinen ängstlichen Gesichtsausdruck zu einem von Schmerz gepeinigten verzerrt hatten, wagte ich es meinen Kopf langsam nach hinten zu drehen und in das totengraue Gesicht meines Therapeuten zu blicken. Dicke schwarze Schlicke trieften zwischen seinen Zähnen, als er seinen Mund öffnete und mit einer unmenschlichen Stimme donnerte: „Die Therapiesitzung ist nun beendet.“ Das Letzte, was mein Körper vernahm, waren das aus Gier getriebene Gekreische der Kreaturen, die mich mit ihren toten Armen zu sich hin zerrten…



Geschrieben von: BlackRose16 (Diskussion) 11:47, 5. Mai 2017 (UTC)

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