Deutsches Creepypasta Wiki
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Zitternd laufe ich aus unserer gläsernen Terrassentür hinaus ins Freie. Es ist kalt, sehr kalt und der beißende Wind pfeift mir gewaltig um die Ohren. Die Rose, welche in meinen kalten Händen ruht, droht durch die heftigen Bewegungen des Windes zu brechen. Nun stehe ich wieder hier, am selben Ort, der genau vor 3 Jahren mein gesamtes Leben zerstörte. Meinen Blick lasse ich auf den Boden gerichtet, als wolle ich, dass er sich durch das morsche Holz frisst. Wir haben einen Tag vor Heiligabend, viele würden sich über diesen Tag freuen, da sie wissen, dass bald ein paar Geschenke unter ihren Bäumen zu finden sind. Doch für mich ist der Tag ein Tag der ewigen Trostlosigkeit und Trauer. Ich versuche die salzigen Tränen, welche meine Wange langsam hinunter rinnen und eine brennende Spur hinterlassen, zu unterdrücken.

Dabei stelle ich mir die gleiche Frage wie sonst immer: Warum hast du das getan.


Wir hatten den 22.12.2010, ich saß wie jede Nacht an unserem Fenster und blickte in die Ferne, du sasst da neben und tatest es mir gleich. Die Nacht war sternenklar und kleine Schneeflocken tanzten im Takt durch die kühle Luft hinunter auf den mit einer leichten Schneedecke überzogenen Boden. Das war allerdings nicht die Sache die wir meinten zu beobachten, nein wir beide hatten unseren Blick starr auf einen Mann gerichtet, welcher mit dem Rücken zu uns gedreht, auf der hölzernen Terrasse saß. Der Fremde schon etwas ältere Herr tauchte seit ein paar Jahren jede Nacht um 22.35 Uhr vor unserem Haus auf. Wir wussten nie was seine Absichten waren hier her zu kommen, ob er nur die atemberaubende Aussicht auf die umliegende Landschaft, welche man von unserem Haus geboten kam, genießen wollte oder ob ihm etwas Spezielles schwirrte.

"KINDER IHR KOMMT JETZT SOFORT INS BETT" brüllte unsere Mutter damals durch das Haus. Sie hatte es satt, dass wir jeden Abend mitten in der Nacht einen höllen Lärm veranstalteten, nur um zu prüfen ob der aus ihrer Sicht "Imaginäre Mann" wieder einmal in unserem Garten hauste. Schon mehr mals hatten du und ich den Versuch gestartet ihr den alten Herr auf unserer Terrasse zu zeigen, scheiterten erbittert aber immer daran, dass sie meinte, dass niemand vor unserem Fenster säße. Unsere Mutter hielt das immer für völligen Humbug, der durch das ganze Videospiele spielen angeblich ausgelöst wurde. Das ganze weitete sich soweit aus, dass sie uns vor einem damals halben Jahr zum nächstgelegenen Psychologen schickte. Dieser konnte allerdings keine Hinweise auf Wahrnehmungsstörungen geschweige denn Halluzinationen finden. So blies sie die Sache ab und hoffte, dass wir selber wieder zu besinnen kommen. Wir trotteten also gemeinsam hinauf in unsere Zimmer.


Der nächste Morgen brach herein, da ich mich so auf Weihnachten freute, schien der Tag sich endlos in die länge zu ziehen. Außer ein paar Aktivitäten, wie den Baum schmücken oder Plätzchen backen lümmelte ich nur im Bett rum. Ich malte mir die schönsten Dinge aus, was ich morgen Abend wohl bekam und freute mich riesig. Als es dann wieder 22.35 Uhr schlug stapfte ich, wie jede Nacht, die Wendeltreppe hinab um zu checken ob der Mann auch am damaligen Abend wieder da war. Was für ein Wunder, wäre er nicht da gewesen. Ich setzte mich wie alle Nächte vor die Glasscheibe und beobachtete ihn ein paar Minuten. Ich hatte keine Ahnung warum ich das tat, im Prinzip tat er ebenfalls nichts. Vielleicht war es einfach die Neugierde, welche mich vor drei Jahren immer in ihren Bann zog. Nach ein paar Minuten kamst du auch hinzu. Ich ging davon aus, dass du wie sonst auch immer mit mir den Fremden beobachten wolltest, allerdings hattest du ein Messer dabei. Leicht verwundert blickte ich dich an, deine Antwort war jedoch, dass ich in mein Zimmer sollte, da es gleich sehr unangenehm werden könnte. Ich hatte eine Vorahnung, was du vorhattest und wollte dich davon abhalten zum Mann zugehen, da mir bei dem Gedanken, den Fremden anzusprechen unwohl wurde und ich böses vermutete. Dir war das egal, ich war ja noch zu klein um solche Situationen richtig einschätzen zu können. Du sagtest mir das dir nichts passieren würde, ist ja nur ein alter Mann ohne augenscheinliche Absichten und du ihn nur darum bitten möchtest zu gehen, da er dich langsam nervte. Trotz meiner Bauchschmerzen, die ich auf dein Vorhaben bekam, hörte ich und ging auf mein Zimmer.


Am nächsten Tag konnte ich dich nirgends auffinden, also fragte ich meine Mutter wo du seist, sie meinte, dass du wahrscheinlich Brötchen holst, da unser örtlicher Bäcker auch an Feiertagen wie den heutigen geöffnet hatte. Als du dann am Abend immer noch nicht zurück warst, rief Mum die Polizei um dich als vermisst zu melden. Selbst nach einer Woche war kein Lebenszeichen von dir zu finden, die Polizisten erklärten die Suche als beendet, da es keinen Sinn machte weiter zu fanden und erklärten dich als Tot. Ob du das wirklich warst keine Ahnung...


Langsam lasse ich die Rose in meiner Hand auf die vereiste Terrasse sinken, auf die Stelle, auf der der Mann einst weilte und du verschwunden bist. Die Rose wird verwelken und ich werde ihr dabei zusehen, alle Nächte wieder werde ich allein um Punkt 22.35 Uhr vor unserem Fenster sitzen und warten.

Du und der Mann seit bis heute noch nicht zurückgekehrt...

Warum musstest du das tun? Ich liebe dich doch mein Bruder.

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