Deutsches Creepypasta Wiki
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Angus Colley lebte mit seiner Schwester Anny auf der alten Schweinefarm ihrer Eltern. Tiere hatten sie seit Jahren nicht mehr, doch die Beiden hatten andere Wege zum Überleben gefunden. Jetzt regnete es und die Prärie vor ihrer Haustür verwandelte sich in eine Schlammwüste. Die zierliche Anny stand in der Küche und bereite das Abendessen vor. Der korpulente Angus saß im Esszimmer und starrte ins Kaminfeuer. Draußen schien eine zweite Sintflut auf die Welt niederzugehen und Angus fragte sich, ob der nahe Hügel abrutschen würde.

Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.

„Wer kann das sein?“, fragte Anny besorgt. Angus stand auf und schaute aus dem Fenster, konnte aber nichts als Schwärze erkennen. Dann klopfte es wieder.

„Wer ist da?“, fragte Angus.

„Ein müder Reisender“, kam als Antwort. Angus öffnete vorsichtig die Tür und ein hochgewachsener Mann betrat das Haus.

Er war komplett in Schwarz gekleidet und seine rostigen Sporen klackten bei jedem Schritt. Als er die Nacht abschüttelte, sahen Angus und Anny, wie verdreckt er war. Der Mann musste seit Tagen geritten sein.

Der Reiter nahm seinen Hut ab und gab den Blick auf sein Gesicht frei. Die bleiche Haut sah aus wie über den Schädel gespannt. Die blutunterlaufenen Augen lagen tief in den Höhlen und die Lippen waren eingefallen. Dieser Mann sah mehr tot als lebendig aus.

„Danke,“ sagte der Reiter und klopfte den Regen von seinem Hut. „Nicht jeder bietet einem Reisenden zu später Stunde Obdach.“

„Kein Problem“, sagte Angus und nahm dem Reiter Hut und Mantel ab. „Anny, deckst du den Tisch bitte für drei?“, sagte er zu seiner Schwester. Diese nickte. „Und hol noch etwas Schnaps!“

Angus und der Reiter setzten sich ins Esszimmer und kurz danach kam Anny mit einer Flasche trüber Flüssigkeit und drei Gläsern.

„Ich hoffe, ich mache keine Umstände“, sagte der Reiter, als Anny die Flasche und die Gläser abstellte.

„Ach was“, sagte Angus und schenkte dem Mann Schnaps ein. „Wir haben gerne Besuch. Stimmt doch, oder, Schwesterchen?“

„Vor allem so Interessanten wie Sie es sind“, antwortete Anny. Die Beiden hatten sich etwas beruhigt, denn der Fremde schien nett zu sein. Und dennoch wirkte er bedrohlich, denn in dieser Gegend gab es nur zwei Arten von Männern, die schwarz trugen. Solche, die Leute begruben, und solche, die dafür sorgten, dass Leute begraben werden mussten.

Der Reiter trank sein Glas mit Schnaps in einem Zug leer.

„Oha“, hustete er, „der macht die Nebenhöhlen frei.“ Angus lachte.

„Der ist selbst gemacht“, sagte er.

„Wirklich gut“, sagte der Reiter und nahm die Flasche. Dann schenkte er allen dreien ein.

„Wir trinken nicht vor dem Essen“, sagte Angus. Die Miene des Mannes verfinsterte sich plötzlich.

„Ich schenke ein, ihr trinkt aus. Oder wir klären das draußen“, sagte er kalt. Angus und Anny starrten den Fremden geschockt an. Dann fing dieser an zu lachen. „War nur Spaß. Euer Haus, eure Regeln“, sagte er und leerte sein Glas. Anny und Angus lachten verunsichert.

„Ich schau mal nach dem Essen“, sagte Anny schließlich und ging in die Küche. Nach wenigen Minuten kam sie mit drei Tellern wieder.

Der Reiter hatte die Flasche inzwischen geleert, doch diese schien keine Wirkung auf ihn zu haben.

Nach dem Essen holte Angus eine zweite Flasche hervor, die der Reiter ebenfalls in wenigen Minuten leerte.

„Schwesterchen,“ sagte Angus schließlich, „hol doch von oben bitte die gute Flasche!“ Anny nickte und ging in die obere Etage. Aus dem Nachtschrank in ihrem Schlafzimmer holte sie eine Glasflasche mit einer grünlichen Flüssigkeit.

Als sie wieder nach unten gehen wollte, hörte sie, wie ihr Bruder mit dem Reiter stritt. Dann fielen plötzlich zwei Schüsse. Sie hörte ein kurzes Röcheln, gefolgt von einem dritten Schuss. Dann hörte sie das Klacken von rostigen Sporen, die die Treppe heraufkamen. In Panik ließ sie die Flasche fallen und nahm die alte, doppelläufige Schrotflinte, die an der Wand hing. Zu ihrem Glück war diese geladen.

Anny hockte sich in eine Ecke des Zimmers und als die Tür aufging, drückte sie ab. Der Kolben der alten Flinte schlug schmerzhaft gegen ihre Schulter und das Gewehr fiel zu Boden. Doch sie hatte den Reiter mit beiden Ladungen erwischt. Getroffen fiel dieser zu Boden und riss ein Regal um, welches ihn begrub.

Als Anny sich sicher war, dass er sich nicht mehr bewegte, rannte sie nach unten. Dort sah sie Angus mit zwei Kugeln im Bauch und einer im Kopf am Boden liegen.

„Oh nein“, schluchzte sie und kniete sich neben ihren Bruder. Doch ihre Trauer wurde zu purer Panik, als sie von oben ein Poltern und kurz darauf Sporen hörte, die die Treppe herunterkamen.

Als sie sich umdrehte, stand der Reiter vor ihr, den Revolver in der Hand. Aus seinen Schusswunden sickerte schwarzes, dickflüssiges Blut.

„Wieso tust du das?“, fragte sie mit tränenerstickter Stimme. Der Reiter lachte.

„Erinnerst du dich nicht?“, fragte er. „Dabei ist es erst vier Tage her, dass ihr inzestuöses Pack mir die Kehle durchgeschnitten und mich verscharrt habt“, sagte er weiter und zog sein Halstuch herunter. Anny sah einen tiefen Schnitt quer über seinem Hals.

Jetzt erinnerte sie sich. Vor vier Tagen hatte ein Mann bei ihnen Rast gemacht. Wie bei so vielen wollten sie ihn betrunken machen, ausrauben und danach in der Prärie aussetzen. Doch er hielt viel aus und als Angus ihn K.O.-schlagen wollte, zog er seinen Revolver. Anny hatte sich mit einem Küchenmesser hinter ihn geschlichen und ihm die Kehle durchgeschnitten. Und dieser Mann stand nun vor ihr.

Anny stand so unter Schock, dass sie gar nicht merkte, wie der Reiter ihr den Lauf seines Revolvers gegen die Stirn drückte.

„Ihr hättet tiefer graben sollen“, sagte er und drückte ab.

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