Deutsches Creepypasta Wiki

Jeder kannte Cassie. Sicher, sie war ein freundliches Kind, aber ich denke, in Wahrheit war sie nur in der Nachbarschaft bekannt, da sie uns kannte. Sie war der Grund, dass sich unsere Gegend wie eine große Familie anfühlte.


"Das Mädchen hat einen sechsten Sinn," sagte die alte Aletta Johnson immer von ihrer Fensterbank aus.


Ich selber habe nie an solche Dinge geglaubt, aber ich muss gestehen, dass Cassie eine Gabe hatte. Für sie war Aletta Johnson "Frau Großmütterchen" und die Verkäuferin im Eisauto war "Frau Hundedoktorin." Unser Postbote war "Herr Maler." Die Kinder, mit denen sie Himmel-und-Höhle und Seilspringen spielte, bezeichnete sie als "Singer", "Lehrer" und "Feuerwehrmann."


Einmal fragte ich sie, was es denn mit den ganzen Spitznamen auf sich habe und so wie ich es verstand, kamen sie daher, wie sie die Leute sah – also ihr Potential. Sie sah nicht unsere Zukunft, wie sie kommen würde, sondern eher das Ideale und Gute in uns.


"Jeder scheint hell, Herr Schreiber," erzählte sie mir, "jeder ist gut."


Ich hatte niemals Jemanden erzählt, dass ich immer Autor werden wollte. Es war ein ferner Traum, keiner den ich jemals ernst genommen hätte. Trotz alle dem hat sie es immer in mir gesehen. Und so sah sie jeden von uns.


Eines Nachmittags ruhte ich mich in meinem Vorbau aus, als sie mit einem Fremden an ihrer Seite den Fußweg entlang lief. Sie hatte ihn ganz offensichtlich bezaubert, wie jeden anderen auch. Mit einem Lächeln winkten wir uns und während sie vorbei liefen, fragte ich: "Wer ist denn dein Freund, Cassie?"


Sie stoppte und neigte ihren Kopf verwirrt zur Seite, bevor sie mir entgegen rief: "Oh! Sie schreiben wieder, Herr Schreiber!"


Ich hätte aufmerksamer sein sollen, als sie lachte und die Straße weiter flitzte, gefolgt von dem Fremden. Ich hätte es bemerken müssen.


Cassie sah immer das Gute in den Menschen.


Cassie konnte nur das Gute in den Menschen sehen.


Aber nicht Jeder ist gut.