Deutsches Creepypasta Wiki
Advertisement

Schlechte Musik aus noch schlechteren Lautsprechern schlug ihnen entgegen, als sie die Tür öffnete und den Gastraum dieser heruntergekommenen – um nicht zu sagen beschissenen – Kneipe betrat.

Welcher hirnverbrannte Idiot hatte ihr noch gleich den Tipp gegeben, hierher zu kommen, wenn sie etwas erleben wollte? Ach ja … Es war Josh gewesen, ihr heimlicher Verehrer.

Wenn sie sich jetzt aber hier umsah, kam sie nicht umhin zu überlegen was sie hier erleben sollte, außer vielleicht an AIDS zu sterben, wenn sie einen der Einrichtungsgegenstände hier berührte. Von einer Alkohol- oder Rauchvergiftung ganz zu schweigen.

Ihre drei Freundinnen drängten sich dicht hinter ihr, unentschlossen gleich wieder die Flucht zu ergreifen, als sie Einblick in den Raum erhielten. Es war nicht viel los. Genauer gesagt gab es außer ihnen nur zwei Gäste, die beide an der Theke auf hohen Stühlen saßen. Einer von ihnen, halb verborgen im Schatten eines dicken Holzbalken, der die Decke abstützte, schien zu schlafen, denn er lag mit dem Oberkörper quer auf dem Tresen.

Ihr Mund wurde trocken, als sie den Kopf leicht drehte und einen Seitenblick auf ihre beste Freundin warf.

Da sie aber nicht als Feigling vor ihren Freunden dastehen wollte, ging sie kurz entschlossen nach rechts hinüber zu einem von mehreren runden Tischen und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Dabei vermied sie es tunlichst etwas von dem schmutzigen Holz zu berühren, aus dem das Mobiliar bestand.

„Was zum Teufel willst du hier Jessica?“, richtete Rachel das Wort an sie, nachdem sie sich ihr gegenüber niedergelassen hatte.

Jessica unterdrückte den Drang zu husten und erwiderte: „Josh meinte das hier etwas los sein würde …“ Sie klang beinahe entschuldigend und hielt nach dem Barkeeper Ausschau. Wenn es hier schon aussah als würden einen die zweifellos vorhandenen Kakerlaken bei lebendigem Leibe auffressen, wollte sie doch vorher wenigstens einen Drink nehmen.

„Josh glaubt aber auch das er eine Chance bei dir hat.“ Verhaltenes Gekichere erscholl an dem Mädchentisch, was den nicht schlafenden Gast am Tresen dazu veranlasste ihnen einen nachdenklichen Blick zu zu werfen. „Du hast Gäste, weißt du das?“

Jessica hörte seine Stimme und erwiderte seinen Blick einen Augenblick, ehe sie sah das er vollkommen besoffen sein musste, so rot waren seine Augen. Entweder das oder er hatte sich gerade einen gewaltigen Joint genehmigt. Schnell sah sie in die andere Richtung und versuchte dem Gespräch zu folgen, welches ihre Freundinnen begonnen hatte. Offensichtlich ging es um Nagellack oder irgendwelche ausgeflippten Frisuren, die zur Zeit in waren. Sie seufzte ergeben. Jessica hasste diese Art von Unterhaltungen. Ihr ging der ganze Mädchenscheiß ganz gewaltig auf den Zeiger. Das hieß zwar nicht, dass sie sich nicht hübsch machte, ganz im Gegenteil, aber was zum Arsch interessierte es sie, welchen Nagellack sich Rachel morgen Nachmittag in einer edlen Boutique kaufen wollte?!

Sie wollte gerade den Mund öffnen, um den Typen an der Bar nach dem Wirt dieses Schuppens zu fragen, schließlich hatte er ein Bier vor sich stehen, als sich die Tür öffnete und jemand herein kam.

Es war ein Mann. Er war groß gewachsen. Hatte lange, schmutzig blonde Haare, einen wirren Ausdruck in den Augen, sah allgemein aus, als hätte er sich das letzte Mal vor zwei Monaten gewaschen und roch auch so. Seine alte Jeansjacke war an mehreren Stellen geflickt. Eine Wolke aus schalem Alkohol ging von ihm aus, während er auf ihren Tisch zu marschierte.

Und er hatte eine großkalibrige Pistole in der rechten Hand.

Etwa eine Sekunde später zeigte deren Lauf direkt in Jessicas verdutztes, aber dennoch hübsches Gesicht und sie schielte auf den Zeigefinger, der sich beinahe zärtlich um den Abzug gelegt hatte.

Mit lauter Stimme verkündete er: „Wenn ich euch umlege werde ich berühmt!“

Sie konnte den Gestank beinahe sehen, der von ihm ausging. Zumindest wusste Jessica jetzt was Josh gemeint hatte. Sie nahm sich vor ihm bei der nächsten Gelegenheit – falls sie lebend aus dieser Kneipe heraus kam – so dermaßen in seinen dürren Arsch zu treten, dass er erst nächstes Jahr im August wieder herunter kam. Rachel hatte die Hände vor den Mund geschlagen und ihre beiden anderen Freundinnen – Blond und Blondi – waren vor Schreck schlicht erstarrt.

„Das würde ich an deiner Stelle bleiben lassen“, empfahl ihm der Kerl an der Bar und nippte ganz gelassen an seinem Bier, als wäre es das normalste der Welt, dass jemand vor ihm mit einer Waffe herum fuchtelte. Er grinste sogar selbstgefällig, als er den verwunderten Ausdruck sah, der über das Gesicht des offenbar vollkommen Bekloppten huschte. „Es konnte dir schlecht bekommen, wenn du den Boden hier mit Hirn bespritzt.“

„Haha“, machte der Irre trocken. „Wer sollte mich daran hindern?! Du vielleicht?!“ Er schrie beinahe.

Sehr hysterisch der Gute.

Jessica indessen linste in den Lauf, wollte nachsehen ob die Knarre überhaupt geladen war. Seltsamerweise hatte sie kaum Angst.

Das die Bar hinter dem Typen am Tresen inzwischen leer war, fiel ihr erst in dem Moment auf, als das Blut in ihr Gesicht spritzte.

Sie schloss unwillkürlich die Augen und als sie sie wieder öffnete ragte hinter dem Irren mit der Pistole ein dunkler Schatten auf.

Mal ganz davon abgesehen, dass jetzt statt dem Pistolenlauf die Spitze einer langen Klinge kaum zwei Zentimeter vor ihrem Gesicht lag. Ein einzelner Blutstropfen löste sich davon und landete auf der nackten Haut ihres Dekolletees.

„Nun, ich habe dich gewarnt“, meinte der Mann am Tresen und prostete ihnen grinsend zu.

Jetzt sah sie auch, wie gut der Typ eigentlich aussah, wenn man mal seine roten Augen außer Acht ließ. Dunkle Locken, modisch gekleidet, einige Ringe an der Hand.

Ein reißendes Geräusch ertönte, als die Klinge mit einem Ruck zurück gezogen wurde.

Jessica atmete deutlich hörbar aus, als der Stahl vor ihrem Gesicht verschwand, kippte dann jedoch hintenüber, als sie das Blitzen sah und den Luftzug spürte, mit der die Klinge vor ihr vorüber wischte.

Die Arme des Irren fielen polternd zu Boden und roter Lebenssaft ergoss sich auf den Boden. Er starrte ungläubig an sich herab, fast als könnte er es noch gar nicht glauben, dass eine breite Stahlklinge einmal quer durch seinen Oberkörper gerauscht war, seine Arme abgetrennt, sein Leben beendet hatte. Er schwankte leicht. Ob vom Alkohol oder vom Blutverlust ließ sich nun nicht mehr sagen. Wollte noch etwas sagen, hatte den Mund schon geöffnet, doch sein Zwerchfell versagte, sein Bauchraum war längst voller Blut. Jessica sah wie er ihr immer näher kam, sich ein Spalt zwischen seinen Rippen auftat. Roch den Gestank seiner Eingeweide und bemerkte den dunklen Fleck zwischen seinen Beinen. Seine Blase hatte sich in einem letzten verzweifelten Akt entleert, seine letzte menschliche Tat auf Erden, ehe er zur Hölle fuhr.

Der Schatten hinter ihm trat ihm in den Rücken und endlich löste sich sein Oberkörper vom Rest und flog zu Boden. Eine rote Lache breitete sich rund um ihn herum aus und noch einmal spritzte Jessica Blut ins Gesicht, als der Schatten sein Schwert abschüttelte und die Klinge schwungvoll in einer Scheide an seiner Hüfte verschwand.

„Ich bin der Einzige, der in dieser Kneipe töten darf!“, knurrte der Schatten. Jetzt sah man auch, dass er der Kerl war, der beim Betreten der Bar am Tresen geschlafen hatte.

Ganz offensichtlich handelte es sich bei ihm um niemand geringerem als Ravn. Den Besitzer von Ravn´s, der Kneipe in der man immer abgefahrene Dinge erlebte, wie Josh es ausgedrückt hatte.

„Und jetzt räumt den Scheiß hier weg!“

Er drehte sich um und ging mit polternden Stiefeln hinter die Bar, wo er sich ein Glas Scotch einschenkte und in einem Zug hinunter schluckte.

Ravnene

Advertisement