Deutsches Creepypasta Wiki
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Ich habe eine Leiche in meinem Keller.


Ich behaupte, dass Sie, geneigter Leser, dieses Schicksal teilen. Und wir sind nicht allein. Ein jeder Mensch verwahrt sie, tief, in der untersten Etage.


Manch einer wagt sich nicht hinab, stößt sie nur die Treppe hinunter und lässt sie zwischen Gerümpel verrotten.


Andere sind umsichtiger. Sie verwahren die leblosen Körper in Kisten und schieben diese in die hinterste Ecke ihres Kellerabteils.


Sie wiederum, sind womöglich sogar noch umsichtiger; zerlegen die Leiche in kleine Stücke, weisen jedem von ihnen seinen eigenen Platz zu. Vielleicht begraben sie sie sogar – nur um sicherzugehen.


Ich für meinen Teil glaubte, die höchste Güte der Vorsichtsmaßnahme ergriffen zu haben.


Eine Kellerwand sollte mir als zuverlässiges Versteck dienen. Ich habe sie geöffnet, das Erdreich dahinter ein Stück weit ausgehoben und den Körper eingemauert. Etwas zu vorschnell, wie ich später feststellte – denn sie hat zu diesem Zeitpunkt noch gelebt.


Die Ziegelsteine alle zurück an ihrem Platz, aber der Mörtel längst nicht zur Gänze getrocknet, regte sie sich schon wieder. Es handelte sich dabei um nicht viel mehr wie ein Zucken. Und dennoch, das Lebenszeichen war unverkennbar.


Auf der anderen, vermeintlich sicheren Seite der Mauer hatte ich davon lange Zeit nichts bemerkt.


Jetzt ist es zu spät.


Sie mag unlängst gestorben sein, da der Mangel an Tageslicht, Wasser und Nahrung, sowie Sauerstoff sie dahingerafft haben, aber sie regt sich dennoch; zuckt nicht mehr nur, sondern kratzt und hämmert an die Wand, die ich so penibel errichtet habe.


Ich höre sie hier oben schreien, gedämpft zwar aber laut genug, dass es mir das Blut in den Adern gefrieren lässt und mir der kalte Schweiß ausbricht.


Das Kratzen und Hämmern wird immer lauter. Ich stelle mir vor, wie das Mauerwerk langsam bröckelt, wie sie sich ihren Weg nach draußen bahnt.


Ich kann nichts dagegen unternehmen, kann nur hier sitzen, warten und lauschen. Bis sie frei ist. Ihren vermoderten Körper durch den Keller schleppt, die Treppe unter ihren langsamen, schlürfenden Schritten knarzen lässt, die Tür quietschend öffnet, ihren Leib hindurchzwängt ... Um mir zu offenbaren, was ich zu verantworten habe.


Ich habe eine Leiche im Keller.


Ihr Name lautet Erinnerung.


Der Gegenstand, mit dem ich sie erschlug, nennt sich Vergessen.


Ich habe nicht nur eine Leiche im Keller.

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